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Bühnenbild - Frau sitzt lächelnd am Handy

Digitaler Staat

Online-Dienste einfach nutzen: Die Digitale Identität wird weiterentwickelt

Behördengänge per Smartphone: Der Online-Ausweis macht es möglich, findet aber noch wenig Anwendung. Eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe will aus der staatlichen digitalen Identität eine gern genutzte und weit verbreitete Lösung machen.

Online-Ausweis: Großes Potenzial, geringe Nutzung

Wussten Sie, dass Sie sich mit Ihrem Personalausweis bereits seit 2010 digital ausweisen können? Dass Sie Ihren Ausweis sogar direkt in Ihrem Smartphone speichern können? Und falls Sie es wussten: Haben Sie diese Funktionen bereits genutzt?

Falls nicht, sind Sie damit nicht allein. Obwohl mehr als 60 Millionen Deutsche einen elektronischen Personalausweis besitzen, findet die sogenannte eID bisher wenig Anwendung. Die Gründe dafür sind vielfältig. Der konkrete Nutzen ist vielen Menschen unklar. Überdies mangelt es an relevanten Anwendungsmöglichkeiten. In vielen Bundesländern und Gemeinden ist der persönliche Behördengang immer noch Standard.

Eine interministerielle Arbeitsgruppe ist angetreten, das zu ändern. Das GovLabDE Digitale Identitäten ist ein Leuchtturmprojekt der Digitalstrategie. Am 21. April 2023 wurde es im

vorgestellt.

Welche Ziele verfolgt das Projekt?

Ziel des Projekts ist es, die staatliche digitale Identität zu einer gern genutzten und weit verbreiteten Lösung weiterzuentwickeln. Ob Elterngeld oder Wohnsitzanmeldung, BAföG oder Kfz-Zulassung – alle behördlichen Dienstleistungen sollen zukünftig auf ein Smartphone passen und datenschutzkonform sein. Um hierfür die Voraussetzungen zu schaffen, müssen einerseits die Hürden für die Anbieter verringert werden – also für Verwaltungen und die Wirtschaft. Für sie soll es einfacher werden, die staatliche Identitätslösung in ihre Dienste zu integrieren.

Durch mehr Anwendungsmöglichkeiten sowie gezielte Kommunikation will die Arbeitsgruppe dann auch diejenigen Bürgerinnen und Bürger erreichen, die bislang von einer Nutzung der eID abgesehen haben. Eine intuitiv handhabbare App soll die Nutzerinnen und Nutzer an die Hand nehmen und Schritt für Schritt durch den Identifikationsprozess leiten.

Wie geht die Arbeitsgruppe vor, um ihre Ziele zu erreichen?

  • Ressortübergreifende Zusammenarbeit: Ein zentrales Element des Projekts ist die ressortübergreifende Zusammenarbeit. Sie findet auf der neuen Zusammenarbeitsplattform des Bundes, dem

    , statt. Unter der Federführung des Bundesinnenministeriums (BMI) sind verschiedene Ministerien und Behörden beteiligt: das Bundeskanzleramt (BK), das Bundesdigitalministerium (BMDV), das Bundesfinanzministerium (BMF) und das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) sowie das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), das Bundesverwaltungsamt (BVA) und die DigitalService GmbH des Bundes. So können Synergien genutzt und Expertisen gebündelt werden. Auch Vertreterinnen und Vertreter aus Privatwirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft werden eingebunden.

  • Nutzerzentrierung & wiederholendes Vorgehen: Bei der Weiterentwicklung der eID stehen die Nutzerinnen und Nutzer im Fokus. Damit sind einerseits die Bürgerinnen und Bürger gemeint, aber auch Unternehmen und Behörden, die die digitale Identifizierung in ihre Online-Services integrieren. Die Arbeitsgruppe analysiert die Bedürfnisse dieser beiden Nutzergruppen, holt Feedback zu ersten Lösungskonzepten ein und entwickelt ihr Produkt auf dieser Grundlage Stück für Stück weiter.

  • Gezielte Kommunikationsmaßnahmen: Ein gutes Produkt bringt wenig, wenn niemand es nutzt. Deshalb entwickelt die Arbeitsgruppe von Beginn an zielgerichtete Kommunikations- und Marketingaktivitäten zur Bewerbung des Online-Ausweises. Geplant ist zudem ein einheitlicher Markenschirm für alle staatlichen eID-Produkte. Ziel ist eine hohe Wiedererkennbarkeit für die Nutzerinnen und Nutzer.

  • Erfolgsmessung: Die Arbeitsgruppe wird die Ergebnisse ihrer Arbeit genau beobachten. Wie viele Onlineservices integrieren die staatliche Identitätslösung? Wie häufig wird die App heruntergeladen? An welchen Stellen im Identifizierungsprozess brechen die Nutzerinnen und Nutzer ab? Anhand dieser Kennzahlen können die Verantwortlichen erkennen, wie erfolgreich das Projekt ist – und an welchen Stellen noch nachgebessert werden muss.

Kann man die App schon irgendwo testen?

Der Großteil der entwickelten – und noch zu entwickelnden – Funktionalitäten steht noch nicht öffentlich bereit. Um trotzdem frühzeitig Nutzerfeedback aus einer realen Anwendungssituation zu erhalten, haben die Entwicklerinnen und Entwickler bereits 2022 eine Beta-Version des eID-Clients veröffentlicht. Mit der App

konnten sich Privatpersonen für den Online-Dienst „Grundsteuererklärung für Privateigentum“ authentifizieren.

So unterstützte die eID das Ziel, die Abgabe der Grundsteuererklärung für Eigentümerinnen und Eigentümer so stressfrei wie möglich zu machen. Zugleich helfen die Erfahrungen und das Feedback aus diesem Pilotprojekt, das Produkt in Zukunft noch einfacher und intuitiver zu gestalten. Bis voraussichtlich 2026 soll eine nutzerfreundliche interoperable Wallet-App zur Verfügung stehen, die kompatibel ist mit anderen EU-weiten digitalen Ident-Lösungen.

Welche Hürden muss das Projekt noch überwinden?

Die Weiterentwicklung der staatlichen digitalen Identität ist eine große Infrastruktur-Maßnahme. Verschiedene bereits bestehende eID-Lösungen müssen konsolidiert und unter einem gemeinsamen Markendach vereint werden. Das übergreifende Architekturmanagement ist für sich genommen schon eine komplexe Aufgabe.

Hinzu kommt der Anspruch, dass die deutsche eID mit anderen europäischen Identitätslösungen kompatibel sein muss. Da die rechtlichen Rahmenbedingungen auf EU-Ebene noch nicht hinreichend geklärt sind, stellt dies eine große Herausforderung dar.

Im Austausch mit dem Beirat Digitalstrategie ging es daher nicht nur um konkrete technisch-fachliche Themen – sondern auch um das generelle Verständnis dafür, dass die Digitale Identität ein äußerst komplexes Projekt ist. Die Umsetzung eines so wichtigen Leuchtturmprojekts benötigt nicht nur Zeit, sondern auch die entsprechenden personellen Ressourcen.

Beirat hakt zum Prozess und zu Normungen nach – das BMI reagiert

  • Beirat sagt: „Die elektronische Identifikation ist ein zentrales Element der Digitalisierung. Für ein erfolgreiches Gelingen, ein hohes Vertrauen in die Dienstleistung und eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung braucht es in der Konzeption und Umsetzung einen transparenten Prozess und eine strukturelle Einbeziehung von Stakeholdern insbesondere aus der Zivilgesellschaft. Aktuell ist dies noch nicht gegeben.“

    Bundesinnenministerium (BMI) antwortet: „Es wird die Ansicht geteilt, dass eine strukturelle Einbindung verschiedener Stakeholder notwendig ist und die bisherigen Aktivitäten hierzu weiter ausgebaut werden sollten. Derzeit werden im BMI entsprechende Planungen vorgenommen.“

  • Beirat sagt: „Die interministerielle Zusammenarbeit ist weiterzuverfolgen, zu intensivieren und auf weitere Stakeholder, z. B. aus der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft, auszuweiten. Sowohl die europäischen als auch die kommunalen Anforderungen an ein Ökosystem digitaler Identitäten sind frühzeitig in das Gesamtvorhaben zu integrieren, um schlussendlich breite Akzeptanz und die bestmöglichen Anwendungsszenarien sicherzustellen.“

    BMI antwortet: „Die Ansicht wird geteilt.“

  • Beirat sagt: „Bereits in der konzeptionellen Phase bestehende Normen und Standards – auch europäische und internationale – sind zu berücksichtigen. Die Normung sollte in allen Bereichen mitgedacht werden.“

    BMI antwortet: „Insbesondere im Prozess zur EUDI-Wallet werden die Punkte vom GovLabDE Digitale Identitäten aufgenommen.“

Beirat gibt Tipps zu Kommunikation und Marketing

  • Beirat sagt: „Die Komplexität des Projektes ist extrem hoch, die Verständlichkeit für Außenstehende extrem gering. Für die Kommunikation rund um die Identifikations-Lösungen ist daher eine klare Definition und Abgrenzung verschiedener Begrifflichkeiten von großer Wichtigkeit. Es braucht hier eine klare Fokussierung auf das, was zur Nutzung tatsächlich bereitgestellt wird.“ 

    BMI antwortet: „Die Hinweise werden insbesondere bezüglich der zu konzeptionierenden Kampagne aufgenommen. Es wird ebenfalls berücksichtigt, dass stärker an einem übergreifenden Markenschirm gearbeitet werden sollte.“

  • Beirat sagt: „Bei den notwendigen Marketingaktivitäten ist darauf zu achten, dass die geschürte Erwartungshaltung sich auch technisch mit den Anwendungsmöglichkeiten deckt, um keine Enttäuschungen bei den Bürgerinnen und Bürger entstehen zu lassen, was die Möglichkeiten digitaler Identitäten angeht.“ 

    BMI antwortet: „Die Hinweise werden insbesondere bezüglich der zu konzipierenden Kampagne aufgenommen.“

Beirat bezieht Stellung zu rechtlichem Rahmen und der Sicherheit

  • Beirat sagt: „Es ist eine Gleichstellung digitaler Dokumente anzustreben und die in der Diskussion befindlichen „Aufräumer-Gesetze“ sind entsprechend frühzeitig auszuformulieren.“

    BMI antwortet: „Inwieweit regulatorische Änderungen notwendig sind, wird derzeit von den beteiligten Ressorts nicht geprüft. Hierzu sollte gegebenenfalls auch zunächst stärkere Klarheit in Bezug auf eIDAS und der EUDI-Wallet bestehen.“

  • Beirat sagt: „Die Nutzung muss freiwillig bleiben. Dies gilt insbesondere auch bei der Nutzung von privaten Diensten, bei denen es stets auch alternative Methoden geben muss.“

    BMI antwortet: „Dies ist auch die derzeit verfolge Linie im GovLabDE Digitale Identitäten. Ein Nutzungszwang ist nicht geplant.“

  • Beirat sagt: „Bei der Begleitung der EU-Wallet sollte die Bundesregierung die Erfahrungen vergangener Wallet-Projekte einfließen lassen. Insbesondere muss der Use-Case gut begründet sein.“

    BMI antwortet: „Die Bereitstellung / Nutzung der EUDI-Wallet folgt perspektivisch der verbindlichen europaweit geltenden Regelungen der derzeit im Trilog befindlichen eIDAS.“

  • Beirat sagt: „Vertrauen in digitale Identitäten ist ein zentrales Element zur erfolgreichen Anwendung und Skalierung. Vertrauen kann nur über nachweisbare und verlässliche Sicherheitsvorkehrungen erreicht werden.“

    BMI antwortet: „Im Zielbild des GovLabDE Digitale Identitäten ist festgelegt, dass die Ansätze „privacy and security by design“ berücksichtigt werden.“

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